Zur Zeit sehe ich es immer wieder und überall, insbesondere bei Bloggern. Es kommen Kommentare, die nicht bewundern, wie hübsch man aussieht - sondern die respektvoll (!) verschiedene Thematiken hinterfragen, die den Blogger betreffen. Die vielleicht eine Kooperation in Frage stellen oder Aussagen, die die Person getroffen hat. Und was dann immer wieder passiert - auf Blogger, sowie auf der dem Blogger positiv gestimmten Leserseite - ist: die Haterkeule wird ausgepackt.
Du bist doch nur neidisch! oder
Haters gonna hate! sind da sie Aussagen. Und ich trete einen Schritt zurück und denke: habt ihr noch alle Latten im Zaun?
Natürlich möchte ich mich nicht als das glänzende Beispiel an Kritikfähigkeit anpreisen. Es wäre gelogen zu behaupten, dass man gerne hört, wenn jemand etwas auszusetzen hat. Aber mal ganz ehrlich: ich bin in einem Alter, in dem ich in den meisten Fällen unterscheiden kann, ob mir jemand bösartig eine mitgeben will oder ob es jemand gut mit mir meint und einfach mal kritisch nachhakt, mit mir in einen Dialog geht und mich mit einer respektvollen Art und Weise einfach mal bittet, verschiedene Verhaltensweisen oder Aussagen zu hinterfragen.
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Natürlich hört man supergerne, dass man etwas toll gemacht hat, dass etwas wunderbar bei den Leuten ankommt und man für seine getane Arbeit gelobt wird. Aber daran wachse ich nicht. Ich wachse daran, wenn mich jemand dazu bringt, um die Ecke zu denken, neu zu denken, anders zu denken. Kritik hilft mir als Blogger (und in jedem anderen Beruf), die Sichtweise der Leute zu verstehen, die ich eben nicht sowieso mit meiner Art, meiner Arbeit und meinen Texten überzeugen kann. Daher ist es eigentlich - wenn man logisch denkt - der Trick, die ausgesprochene Kritik anzunehmen, sie ein paar Mal zu drehen und zu wenden und sie dann auch anzuwenden, wenn man sich eingestehen kann, dass vielleicht etwas Wahres dran ist. Mit dem Annehmen von Kritik schaffe ich es, meine bisherigen Leser zu behalten und vielleicht auch diejenigen zu gewinnen, die die Kritik ausgeübt haben. Wenn ich alle Kritiker als Hater abstemple, ruiniere ich eigentlich mein ganzes Verbesserungspotenzial.
Ich möchte euch eine Geschichte dazu erzählen. Das ganze Thema Kritik und Hater ist in meinen Augen zwar schon immer da, aber in letzter Zeit kocht es so richtig auf, habe ich das Gefühl. In Kontakt gekommen bin ich damit zum ersten Mal persönlich während und nach #rStheCon in Dallas. Ich hatte während der Konferenz ein Bild gepostet, mit einigen Produkten von L'Occitane, begleitet von der Bildunterschrift 'If you love France, you love Provence. If you love Provence, you love lavander. If you love lavander, you love L'Occitane.' - und hatte mir dabei nichts weiter gedacht, als dass
ich die Provence, Lavendel und L'Occitane supergerne mag. Versehen mit dem Hashtag #rStheCon habe ich das Foto gepostet und es wurde von einer amerikanischen Dame aufgegriffen und auf dem Instagram-Account
fashionbloggerfail (ist inzwischen gelöscht) gepostet. Dazu die Fragestellung, wer denn bitte der Idiot sei, der diese Aussage getroffen hat. Das wäre ja, als würde man behaupten, wenn man die USA mag, mag man automatisch auch South Carolina.
Im ersten Moment schluckte ich also kräftig. Da war mein Bild auf einem Account mit 1.000 Followern, mit der Bildunterschrift, was ich denn für ein Vollhonk bin. Mein erster Instinkt war: verteidigen, zurückbrettern. Zum Glück hat meine Mama mir etwas besseres beigebracht. Also habe ich erstmal mein Handy weggelegt, etwas komplett anderes gemacht und mir das Foto kurz darauf nochmal angeschaut. Und diesmal musste ich schmunzeln. War ja auch wirklich eine sehr anmaßende und verallgemeinerte Aussage von mir - hätte ich durchaus anders ausdrücken kann. Vielleicht ist ja jemand gegen Lavendel allergisch und findet das ganze deswegen blöd. Vielleicht hat jemand was gegen Franzosen und findet Frankreich grundsätzlich doof. Keine Ahnung - aber zu verallgemeinern, dass alle, die Frankreich mögen, auch die Provence mögen, ist einfach doof gewesen von mir. Natürlich habe ich da null drüber nachgedacht und einfach nur ein Sprachspiel draus machen wollen, aber egal, was die Hintergründe sind: Fakt ist, ich hätte das anders formulieren können und das Mädchen hatte Recht, mich belustigt zu zitieren. Natürlich kann man sich drüber streiten, ob die Person jetzt das Recht hat, mich als Idiot zu betiteln - aber Kritik ausüben darf man bei der Aussage allemal.
Kurze Zeit später entdeckte ich - aufgrund der ganzen Hater-Diskussion - ein amerikanisches Forum, welches sich unter anderem mit #rStheCon befasste. Jetzt ist es ja bekannt, dass man sich eigentlich gar nicht in Haterforen aufhalten soll und das ganze nicht lesen und nicht an sich ranlassen soll. Ich finde, das ist der ganz falsche Ansatz. Wie oben schon erwähnt, kann man aus Kritik unglaublich viel lernen, wenn man fähig ist, den Schritt zurück zu machen, die persönlichen Gefühle rauszunehmen und sachlich zu analysieren, was davon gerechtfertigt ist, wo vielleicht in Fünkchen Wahrheit dran ist oder was dann eben doch ein bisschen zu weit in persönliche Abneigung geht, woran man eben einfach nichts ändern kann.
Ich las mir also sämtliche Einträge zu #rStheCon durch und fand darunter auch die Collagen, die
fashionbloggerfail auf Instagram gepostet hatte (die Dame war also gar nicht der Initiatior, sondern nur der Multiplikator). Collagen, wie wir Blogger unsere orange-pinken Cocktails über den Pool halten. Wir Blogger vor dem großen Auge. Wir Blogger beim Lunch. Wir Blogger bei der River Island Party. Man machte sich darüber lustig, wie einfältig die Fotos sind - und vor allem, dass jeder Anwesende das Gleiche zu posten schien -, dass keiner mehr kreativ ist, dass wir anscheinend nur auf Parties waren und uns selbst feierten. Ich las das halb amüsiert durch, denn wenn man sich auf Instagram den Hashtag #rStheCon mal durchguckt, sieht man wirklich unglaublich oft das gleiche Motiv. Es sieht aus, als wären wir nur am Poolparty feiern, am essen oder auf sonst einer Feier.
Kurzerhand meldete ich mich im Forum an, denn ich sah einerseits Potenzial, andererseits wollte ich ein bisschen aufklären, dass #rStheCon mehr war als nur eine einzige Party. Also mischte ich mich in die Diskussionen mit ein. Aber jetzt kommt der Geheimtipp: auf eine respektvolle Art und Weise. Mit Verständnis für die Ansichten des Gegenüber und mit Einfühlungsvermögen. Ich habe zugestimmt, dass es so aussieht, als wären wir da nur am Feiern gewesen, dass es eben aber einfach nicht instagramtauglich war, ein Foto aus einem der kleinen Workshops zu schicken, wo wir in Kleingruppen vor einer Powerpoint-Präsentation saßen und uns Notizen machen. Was man vergaß bei den ganzen schönen Fotos auf Instagram ist, dass tatsächlich eine Konferenz stattgefunden hat, die mir persönlich unglaublich viel Input gegeben hat. Das erwähnte ich den Mädels im Forum gegenüber und bot an, ihnen Fragen zu stellen, um ein bisschen Klarheit zu schaffen, was auf der Konferenz eigentlich los war. Recht schnell fand ein Austausch statt und die Mädels fanden auch zügig heraus, dass ich das "L'Occitane-Mädchen' bin, das vorher im Forum noch gebasht wurde.
Was dann passierte, fand ich ultracool. Das Mädchen, dass mein Foto im Forum gepostet hatte, schrieb mich direkt an und sagte, dass sie es unheimlich toll findet, dass mal ein Blogger, um den es im Forum mal mit mehr oder weniger bösen Zungen ging, ins Forum kommt und nicht alle als Hater beschimpft, sondern einen Dialog anfängt und Sachen hinterfragt. Kurz darauf outete sich dann die Gründerin des fashionbloggerfail Accounts und sagte eigentlich genau das gleiche.
Jetzt gibt es da kein eigenes Forum über mich, wie es bei einigen anderen Bloggern der Fall ist, aber ich habe mir trotzdem unglaublich viele Beiträge durchgelesen. Was Leser bei anderen Bloggern aufregt, könnte ja auch bei mir der Fall sein - und so lernte ich, die Kritik anderer Leute zu meinem Vorteil zu nutzen und kann so bestimmt Verhaltensweisen einfach von vornherein bei mir selbst stoppen und hinterfragen.
Lange Rede, kurzer Sinn: liebe Blogger und alle anderen da draußen, denen in ihrem Beruf Kritik entgegengebracht wird. Hört bitte auf, so negativ darüber zu denken. Kritik ist euer Freund, wenn ihr sie richtig annehmt (natürlich dürfen aber beschimpfende und assozial ausgedrückte Kommentare ignoriert oder gar gelöscht werden). Fühlt euch nicht getroffen und seid nicht genervt, wenn der zwanzigste Kommentar der Art kommt, sondern macht einen Schritt zurück und denkt nach, was dran sein könnte an der Kritik - vor allem, wenn sie von mehr als einer Person ausgesprochen wird. Irgendwas scheint ja offensichtlich dran zu sein, wenn mehrere Leute das Gleiche denken. Nur mit Kritik können wir uns alle weiterentwickeln, lernen und besser werden. Lobhudelei und der zwanzigste Kommentar à la 'Tolles Outfit!' sind schön und freuen uns, aber nur an Kritik und kritischem Denken können wir wachsen. Bitte - nehmt euch das zu Herzen. Und hört auf, alle Leute als Hater zu beschimpfen, die euch nur helfen wollen, indem sie respektvoll und vorsichtig ihre kritische Meinung an euch herantragen.
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